Kennen Sie den ...?

Kennen Sie diesen alten Gynäkologenwitz?
"Ich hab eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die gute Nachricht zuerst: Sie werden mit Ihrem Kind immer einen Parkplatz haben..."
Hm, ja, wir leben diesen Witz seit vielen Jahren und es stimmt, eigentlich haben wir immer einen Parkplatz. Jedenfalls in der Theorie.


Als unsere Prinzessin alt genug war und im Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "aG" für außergewöhnlich gehbehindert angebracht wurde, waren wir berechtigt, diesen blauen Parkausweis zu beantragen.
Er erlaubte uns fortan die ausgewiesenen Behindertenparkplätze benutzen zu dürfen, sowie - falls mal einer belegt oder keiner vorhanden sein sollte - auch normale Parkplätze ohne dass wir zahlen müssten.

Ach, hat mir dieser Parkausweis das Leben plötzlich erleichtert. Ein chronisch krankes Familienmitglied muss zwangsläufig häufiger Ärzte und Therapeuten aufsuchen. Weder bei großer Hitze noch in strömendem Regen ist es da ein Vergnügen, den Rollstuhl oder Buggy aus dem Auto zu wuchten, den Patienten sicher in selbigem Gefährt unterzubringen und dann noch ewig weit laufen zu müssen. Da tut es wirklich gut, spart immens viel Zeit und epileptische Anfälle, wenn man direkt vor der Türe parken kann.

Auch schnell mal in einen Einkaufsladen zu sprinten ohne erst den Rolli hunderte von Metern durch die Gegend zu schieben, macht das Leben leichter und vor allem tut es gut, wenn man sich ausnahmsweise mal um eine Sache nicht kümmern muss: Den Parkplatz. Die Puffer, die man in den Tagesablauf einbauen muss, sind ohnehin schon zahlreich, die Parkplatzsuche auch noch zu addieren würde wirklich Bauchschmerzen verursachen. Anfälle, Windelwechsel, Zeiten für sondieren, inhalieren und absaugen, wenn man unterwegs ist, das sind die Zeitfresser, die man bedenken muss.

Es ist also jedem, der das Recht dazu hat, sich diese Parkberechtigung ausstellen zu lassen, wärmstens ans Herz zu legen, sich diese zu holen. Gleichzeitig warne ich vor: So traumhaft, wie es sich grade liest, ist das Leben mit diesem Ausweis leider gar nicht.

Ist das Kind noch klein, wird man oft schief angeschaut oder gar angefeindet, weil man sich erlaubt, diesen Parkplatz zu beanspruchen. Viele Mitmenschen realisieren nicht, dass man mit einem besonderen Kind traditionell mehr Equipment zu schleppen hat als mit einem gesunden Kind und schon deswegen froh ist, wenn der Weg nicht ganz so weit ist.

Leider ist das nicht die einzige Tücke. Man glaubt es kaum, aber diese Parkplätze sind leider gar nicht immer frei. Nun ist es nicht so, dass wirklich jeder, der auf diesen Parkplätzen steht, auch wirklich ein Recht darauf hat, nein, da stehen viele Menschen, die sehr gut zu Fuß sind, aber einfach zu faul sind, ein paar Schritte weiter zu gehen, die keinen Parkplatz suchen wollen oder der Ansicht sind, das geht schon "mal schnell".
Ich habe mir angewöhnt, wenn ich solche Zeitgenossen an ihren Fahrzeugen antreffe, sie auf ihren Irrtum hinzuweisen. "Sie haben vergessen, die blaue Parkberechtigung in die Windschutzscheibe zu legen oder haben Sie gar keine? Dann dürften Sie hier leider gar nicht stehen, denn das ist ein Behindertenparkplatz". So habe ich schon viele Zeitgenossen dumm von der Seite angequatscht. Man muss jetzt nicht denken, dass da jeder peinlich berührt ein "tschuldigung" brummelt oder "hab ich gar nicht bemerkt", nein, manchmal wird man wirklich frech angeredet, es gibt eine Ausrede, dass der Mann doch schließlich zu 50% schwerbehindert ist und damit automatisch da stehen darf (dem ist wirklich nicht so, nur mit "aG" im Ausweis ist das erlaubt) oder aber es wird einem mit netten Gesten bedeutet, dass der Hinweis nicht erwünscht war.

Das ist mir egal. Ich werde immer meine Art der Aufklärung betreiben. Wenn Sie zu denen gehören sollten ,die sich "mal schnell" auf so einen Parkplatz stellen, weil Sie nur schnell Semmeln holen oder die sich gar keine Gedanken darüber machen, dann denken Sie ab jetzt bitte darüber nach und denken Sie an mich.
Es tut uns Familien mit besonderen Angehörigen unglaublich gut, einen Parkplatz frei zu wissen, der im Idealfall auch etwas größer ist als alle anderen Stellflächen und der traditionell nahe an den Einrichtungen ist, zu denen man hetzen muss. Bitte halten Sie diese Parkplätze frei für Familien, die wirklich darauf angewiesen sind. Ganz so lustig ist es nämlich eigentlich gar nicht, einen Gynäkologenwitz täglich leben zu müssen. Mein strahlendes Gesicht, beim Anblick eines freien Parkplatzes, das Sie sich ab sofort bitte vorstellen, wird sie für den vielleicht etwas weiteren Weg entschädigen, den Sie nehmen, weil sie vielleicht gerade mir den Parkplatz wirklich überlassen.


Dankeschön!!

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