Bitte fragen Sie mich!

Wer mich persönlich kennt oder meine Beiträge hier verfolgt, weiß, dass wir unsere Prinzessin nicht im kalten Kellerloch verstecken, sondern versuchen so viele normale Dinge wie möglich mit ihr zu unternehmen. Wenn wir Ausflüge machen oder ausnahmsweise mal bummeln gehen oder etwas einkaufen müssen, dann bleibt es selten aus, dass wir alles für eine größere oder kleinere Mahlzeit dabei haben und irgendwann und irgendwo mal was sondieren müssen.


Meistens bietet es sich an, dass auch wir eine kleine Stärkung zu uns nehmen oder wenigstens etwas trinken. Da werden dann die Sondierutensilien ausgepackt und jeder von uns füllt seinen Bauch. Wir Großen füllen ihn selbst, der Prinzessin wird er gefüllt. Selten sind wir dabei alleine und so bleiben oft komische Blicke nicht aus.
Grade Kinder gehen mit ihrer Neugier erfreulich offen um und starren. Sie starren wir gebannt auf die Spritze, auf den Schlauch, der aus der Kleidung unserer Tochter hängt und auf mich, die ich immer wieder irgendetwas in einer Spritze aufziehe. Viele Kinder sind von diesem Anblick derart paralysiert, dass sie gar nicht mehr auf ihre Eltern reagieren können, sondern wie angewurzelt starren. Das ist oft der Moment, in dem ich meistens breit grinsen muss, denn in über 98% aller Fälle passiert an dieser Stelle das Gleiche: Die Eltern merken es, sind peinlich berührt und schimpfen ihre Kinder, dass sie nicht starren sollen.

Warum eigentlich? Ist es nicht normal, dass wir etwas fassungslos anstarren, das uns völlig merkwürdig erscheint und das wir begreifen wollen? Wenn Sie diese Eltern sind, bitte schimpfen sie Ihre Kinder nicht dafür, dass sie so hemmungslos eine Situation begutachten, die sie so wohl noch nie erlebt haben, sondern fragen Sie. Fragen Sie mich genau die Fragen, die Ihnen jetzt gerade selber durch den Kopf gehen. Wenn Ihre Kinder fragen "Mama, was hat das Kind?" "Mama, was macht die Frau?" dann hoffen Sie nicht inständig, dass ich das nicht gehört habe, sondern seien Sie ehrlich. "Das weiß ich nicht" ist möglicherweise genau die Wahrheit. Statt an dieser Stelle das Gespräch zu unterbinden, nutzen Sie doch die Gelegenheit und ermuntern Sie Ihr Kind, wenn Sie es nicht selbst tun möchten, genau diese Frage an mich zu richten. Ich erklär das nämlich gerne.

Die meisten Kinder haben einen riesigen Respekt vor der großen Spritze, mit der ich sondiere. "Meine Tochter kann leider nicht schlucken und deswegen auch nicht selber essen und trinken. Damit sie keinen Durst hat und auch keinen Hunger leiden muss, haben wir ihr diesen Schlauch einbauen lassen. Damit können wir jetzt direkt Essen und Trinken in ihren Bauch füllen und es geht ihr gut. Diese Spritze ist stumpf und hat keine Nadel, siehst Du, da kommt nur die Nahrung raus, die ich flüssig gemacht habe, damit sie durch den Schlauch passt." So erkläre ich das den Kindern meistens. Üblicherweise geht an der Stelle ein breites Grinsen über deren Gesicht, wahrscheinlich die Erleichterung darüber, dass die Spritze stumpf ist.

So wie mir geht es fast allen Sondenmamas. Und ich habe noch keine kennen gelernt, die nicht gerne Fragen rund um ihr Kind und dessen Ernährung mit der Sonde beantwortet. Das ist nämlich für uns Sondenmamas etwas ganz Normales. Wir schämen uns nicht dafür und uns ist es auch nicht peinlich. Warum auch. Wir ernähren unsere Kinder so gut wir das können. Das machen auch Mütter von typischen Kindern, bloß dass die selber essen und trinken können.

Also wenn Sie das nächste Mal eine Familie sehen, die ein besonderes Kind hat, mit oder ohne Sonde, dann fragen Sie ruhig. Das ist viel schöner, als fassungslos angestarrt zu werden. Vorsicht, wenn Sie es trotzdem vorziehen, zu starren, peinlich berührt weg zu schauen und auf mich treffen, wenn ich keinen guten Tag hab: Es könnte sein, dass ich einfach fassungslos zurück starre. Ich bin so fies 😊

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