Am Anfang stand die Verwirrung


Als die Schluckstörung meiner Tochter im Sommer 2012 die Anlage einer PEG (Magensonde) erforderlich machte, mussten wir lernen, wie das mit dem Sondieren funktioniert. Wir sollten per Hand mit einer Spritze sondieren, sowohl die Nahrung als auch die Medizin.
Unsere Tochter sollte so viel wie möglich
oral zu sich nehmen, der Rest sollte aufsondiert werden, da gab es nicht viel zu verstehen und die Abläufe wurden schnell zur Routine.
Damals hat sie noch von ihrer Babyplörre gelebt, auch bekannt als Beba.

Als die zweite Kerze auf dem Geburtstagskuchen schon ganz kalt war, wurde es Zeit, sie umzustellen. Aber worauf? Für die meisten war das klar: Sie hat eine Sonde, also bekommt sie Sondenkost. Ist praktisch: Flasche auf, sondieren, fertig und die Krankenkasse zahlt es auch, ist also billiger als selber kochen. In der Regel hat so eine Astronautennahrung süße Geschmacksrichtungen: Schokolade, Vanille, Erdbeere etc. unsere Tochter mochte aber lieber Herzhaftes. Da war die Auswahl schon recht eingeschränkt. Sollten wir sie nun Zeit ihres Lebens von maximal sieben Geschmacksrichtungen ernähren? Sollte sie zum Frühstück das Gleiche bekommen wie mittags, weil man geöffnete Flaschen nur maximal 24 Stunden im Kühlschrank aufbewahren soll? So recht wollten wir uns nicht damit anfreunden. Aber was sollten wir statt dessen tun?

Die Lösung war eigentlich sehr nahe liegend: Selber kochen, so wie wir das auch tun würden, wenn sie sich ganz normal ernähren würde. Aber was genau soll ich denn geben und in welcher Menge? Ich hatte ja keine Ahnung, wie viel sie im Normalfall essen würde. Die Kalorienmenge, von der sie zunahm, kannte ich, aber nicht in Normalkost umgesetzt. Der Besuch bei einer Ernährungsberaterin brachte mich nur bedingt weiter, also fing ich an, selbst zu forschen. Offen gestanden war ich anfangs ganz schön überfordert, aber das legte sich schnell.

Hirn schief halten half, um alles so zu konzentrieren, dass was Brauchbares dabei rum kam, nämlich die Überlegung: Was würde sie denn den ganzen Tag über so essen, wenn sie nicht beeinträchtigt wäre? Zum Frühstück vielleicht Müsli mit Obst und Milch, am Vormittag etwas Obst und Tee, mittags Fisch oder Fleisch mit Kartoffeln und viel Gemüse, nachmittags einen Joghurt und Tee und am Abend Brot mit einem Aufstrich.

Das war der Plan und für die Umsetzung musste ich nur noch überlegen, wie ich das alles sondentauglich hinkriegen könnte. Also habe ich mich mit einer gewissen Grundausrüstung ausgestattet. Hilfreich ist auch heute noch eine Kalorientabelle, eine Diätwaage, bei der man Codes für einzelne Lebensmittel eingeben kann. Das erspart lange Umrechnungen und ganz wichtig ist ein Taschenrechner und der sichere Umgang mit dem Dreisatz.
So gerüstet konnte ich schon mal einen Ernährungsplan zusammen stellen und die Kalorien berechnen, die jeden Tag so verabreicht werden sollten. Das war relativ schnell erledigt. Drei Mahlzeiten zu 140 Kcal und zwei Zwischenmahlzeiten zu je 50 Kcal, so haben wir begonnen. Dass ich mich nicht am Kalorienbedarf eines normalen Kindes orientieren darf, sondern wesentlich weniger berechnen muss, war mir bewusst.

Wie schaffe ich es nun, das auch noch so zuzubereiten, dass es bequem durch die Sonde passt, dass es leicht transportabel ist und dass auch die Betreuer im Kindergarten gut damit zurecht kommen? Ich bin da auf mehrere Möglichkeiten gestoßen und habe mich für den Thermomix entschieden, den ich freundlicherweise zum Geburtstag geschenkt bekam.
Alternativ kann man mit einem richtig teuren Zauberstab vergleichbar gute Ergebnisse erzielen, aber da hab ich nur einen hochwertigen Pürierstab, sonst nix. Ich könnte es auch mit einem Mister Magic, Magic Bullet oder wie auch immer diese kleinen "Blender" heißen, versuchen. Das funktioniert ebenfalls gut, die Geräte sind vergleichsweise günstig, aber der Verschleiß ist relativ hoch und ich kann halt auch nur pürieren.
Im Thermomix kann ich kochen UND pürieren, ich spare mir also unheimlich viel Zeit.

Der Plan war ausgeheckt und das Projekt "wir ernähren unser Kind trotz Sonde ausgewogen und gesund" konnte beginnen. Konkrete Rezepte und einzelne Tipps, wie ich die verschiedenen Mahlzeiten zubereite, werde ich in künftigen Posts verraten. Es lohnt sich dran zu bleiben.
Tatsächlich sind das auch Tipps, die Neu-Mamas interessieren könnten. Babykost ist ja auch nichts anderes als Sondenkost, nur die Konsistenz ist je nach Alter anders, aber das lässt sich individuell gut anpassen.
Bis demnächst!

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