So ein schöner Tag!

Neulich haben wir einen Event besucht. Nichts Spektakuläres, der Papa musste arbeiten und wir haben ihn begleitet. Das Wetter war etwas durchwachsen, unsere Prinzessin die meiste Zeit über müde, aber wenn sie wach war, war sie gut gelaunt. Natürlich ernten wir bei jedem Ausflug in unbekanntes Terrain neugierige Blicke. Mit sechs Jahren angeschnallt in einem Buggy zu sitzen ist halt auch nicht ganz normal.


Mir machen diese Blicke nichts mehr aus. Ich lächle freundlich, wenn ich gut drauf bin oder schau
weiter grantig vor mich hin, wenn ich keinen guten Tag habe, aber die Blicke stören mich nicht mehr. Anders ist es, wenn mich jemand anspricht. Da kann es schon passieren, dass es einen Stich in der Magengrube gibt.

Wir saßen grad gemütlich an einem Biertisch und haben gegessen und getrunken, als an diesem schönen Tag eine Familie mit einem kleinen Kind neben uns auftauchte. Der Knirps kam zielsicher auf uns zugesteuert, zeigte auf unsere Maus und verkündete seiner Mama stolz "Baby!" und sah darauf hin gleich mich freudestrahlend an. "Ja, ein ziemlich großes Baby, stimmts?" antwortete ich ihm und musste grinsen. Seine offene Art war herzerfrischend. Von der Mama kam noch immer keine Reaktion, also wiederholte er seine Entdeckung "Mama, schau! Baby!" An der Stelle passiert meistens das Übliche: Die Mama zerrt das Kind peinlich berührt weg, in dem Moment, in dem sie überblickt, dass das "Baby" kein Baby mehr ist, sondern dass da offensichtlich massiv was nicht stimmt. Ich war darauf gefasst wie immer.

Aber nein, ich sollte eines Besseren belehrt werden. "Magst Du dem Mädchen mal hallo sagen?" fragte die Mutter ihren kleinen Sohn und der nahm gleich die Hand unserer Kurzen, streichelte sie und krähte aus voller Kehle "Hallo! Hallo Du, Baby!" Ich musste so lachen. Er hat natürlich keine Antwort bekommen, der arme Kerl. "Du bist aber freundlich", sag ich zu ihm. "Das ist die Katharina, aber die kann noch nicht so schön sprechen wie Du" erklärte ich ihm.
Nun wurde der Buggy interessant, der sieht ja auch ein wenig anders aus als ein normales Vehikel. "Mama schau", zeigte der Kleine wieder auf alle möglichen Dinge, die da am Buggy als ungewöhnlich zu finden sind. Die Kraftknotenpunkte mit Gurten für den Rückhalt im Bus zum Beispiel. Die Mama war total cool und strahlte ihn an. "Ja, das ist ein Buggy. Du bist heute ja auch mit dem Buggy hergekommen. Wir müssen jetzt weiter. Magst Du Dich noch verabschieden?" Na klar wollte er und schon ging es für ihn weiter auf die Hüpfburg. Eltern und ich verabschiedeten uns freundlich und das war es. Unspektakulär, aber sensationell.

Mein Tag war schön. Warum? Weil das eine leider sehr seltene Begegnung mit Fremden war.
Ob dieser wundervollen Mama bewusst war, welche Freude sie mir bereitet hat, mir und meinem Kind?
Ob ihr klar ist, dass sie ein herrlich tolerantes Kind großzieht, das mit wachen Augen, neugierig, aber mit viel Respekt auf Menschen zugeht ohne Vorurteile und ohne Scheu?
Ob ihr bewusst ist, dass ich danach ein paar Tränchen der Rührung im Augenwinkel hatte?
Es war windig und kühl und gemütlich dasitzen sieht eigentlich anders aus. Aber das war so ein wundervoller Moment, so eine angenehme Begegnung und es hat nüchtern betrachtet so wenig gebraucht, dass ich das so empfinden konnte.
Danke, liebe Unbekannte, dass Du uns so einen schönen Tag beschert hast!

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