Warum gibt es hier eigentlich keine Rezepte?

Immer wieder werde ich von meinen Mamas darauf angesprochen, dass sie sich von mir Rezepte wünschen würden. Warum weigere ich mich also beständig, Rezepte rauszurücken und warum behaupte ich immer wieder, es wäre mir schlicht nicht möglich, meine Mamas mit allgemeinen Rezepten zu versorgen?



Die Antwort ist einfach: Es geht wirklich nicht. Jedenfalls nicht so einfach. Ich bin Ernährungsberaterin und als solche gehört es natürlich zu meinen Aufgaben, Ernährungsprotokolle erstellen zu lassen und auszuwerten. Dabei sehe ich auch, was in den Familien gegessen wird und kann individuell auf einzelne Mahlzeiten oder Essgewohnheiten eingehen. Was ich sehr schnell gelernt habe ist, dass wirklich jede Familie anders ist. Da ich im Moment hauptsächlich die Ernährung von Kindern im Blick habe, kann ich auch zielsicher sagen, dass jedes Kind anders ist.

Viele wissen, dass es eine kleine WhatsApp Gruppe gibt, der Sondenmamas angehören. Auch aus diesen Reihen höre ich die Bitte nach Rezepten immer wieder. Sowohl bei dieser Gruppe als auch in der Gesamtschau aller Anfragen kann ich sagen, dass ich Kinder und Jugendliche begleiten darf von gut eineinhalb bis zwanzig Jahren. Es sind Kinder mit Stoffwechselstörungen, mit Cerebralparesen, mit verschiedensten Gendefekten und mit unterschiedlichen Allergien und Nahrungsmittel-unverträglichkeiten. Die einen brauchen extrem viel Fett, manche benötigen ganz bestimmte Öle, wir haben Kinder, die ketogen ernährt werden, Kinder mit Laktoseintoleranzen, mit einer Kartoffel-Allergie, mit Eierallergien, die Bandbreite ist groß. Wenn man allein das Alter betrachtet, wird man feststellen, dass es vollkommen unmöglich ist, ein Rezept für ein knapp zwei Jahre altes Kind herauszugeben, das auch für den jungen Mann von knapp zwanzig funktionieren soll. Wir haben Familien aus dem hohen Norden unseres Landes bis hin nach Österreich. Manche Familien legen extrem viel Wert auf regionale Küche, ernähren sich vegetarisch, möchten, dass das Kind möglichst am Familienessen teilnehmen kann, andere möchten separat kochen, müssen das vielleicht auch wegen besonderer Nährstoffbedarfe.

Ich kann also leider nicht ein Ei über alle drüber hauen und die Frittatensuppe oder Grünkohl mit Pinkel für alle zum Programm machen. Natürlich könnte ich ein Rezeptbuch entwickeln, aber Rezeptbücher gibt es wirklich schon wie Sand am Meer. Es kommt ja in erster Linie darauf an, was der Sondenpatient verträgt, was sich gut pürieren lässt, ob die Makro- und Mikronährstoffe passen und ob mit dem vorhandenen Equipment sich das, was zubereitet werden soll, auch zerkleinern lässt. 

Die Kalorienmenge pro Mahlzeit und die Anzahl der Mahlzeiten variiert ebenfalls. Manche Kinder sind volumensensitiv, die vertragen gerade zu Beginn einer Umstellung nur relativ kleine Mengen, dafür benötigen sie mehr Mahlzeiten. Andere wiederum kommen mit weniger Mahlzeiten besser zurecht, für andere funktionieren drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten gut und ein Teil braucht auch in der Nacht noch Nahrung. Wichtig ist zu wissen, dass es grundsätzlich kein richtig und falsch gibt, wenn wir uns die Methode anschauen, mit der die Nahrung eingegeben wird. Es gibt für alles Vor- und Nachteile und die herauszufinden ist eben eine sehr individuelle Angelegenheit, die sich nicht pauschal beurteilen lässt.

Derzeit überlege ich mir ein Konzept, das leider noch nicht sehr ausgereift ist, weil immer so viel Leben dazwischen kommt. Mir schwebt eine Art Modulsystem vor, mit dem sich tatsächlich Mahlzeiten zusammen stellen lassen, ohne dass es starre Rezepte geben wird. Sicher wird es noch einige Monate dauern, bis das spruchreif ist, ich möchte nur sagen, ich höre die Wünsche und ab und an schon fast Klagen und nehme das wirklich sehr ernst. Auf die Schnelle mag ich nichts übers Knie brechen, daher bitte ich um Geduld.

Und dass es so gar keine Rezepte bei mir gibt, stimmt ja streng genommen auch nicht. Wenn man die Suchfunktion auf meinem Blog bzw. die Kategorien bemüht, finden sich durchaus Anregungen für einzelne Mahlzeiten. Sie kennen die Kategorien noch nicht? Auf der linken Seite meines Blogs auf Blogger sehen Sie unter meinem Profilbild "Labels". Klappen Sie die Rubrik am Pfeil nach unten auf und wählen Sie hier das für Sie gerade passende Label aus. Sie können wählen aus "Tipps", "Sondenkost", "Rezepte", "Mamas Welt", "Küchenhelfer" und "Instagram". Übrigens lohnt es sich durchaus zu stöbern, nicht nur hier, sondern auch auf meinem YouTube Kanal. An beiden Stellen finden sich auch Tipps rund um die Pflege, um Zubehör und allgemeine Informationen, die für manche vielleicht wertvoll sein können. 

Wer gar nicht weiter kommt, bei der Umstellung von Sondenkost auf Normalkost oder bei der Versorgung von Sondenpatienten, darf sich jederzeit gerne an die Ernährungsberaterin in mir wenden. Wir können gerne individuell ein Auge auf Ihre persönliche Situation werfen und ich verspreche Ihnen, so richtig dringend werden Sie am Ende die Rezepte gar nicht mehr vermissen. Aber natürlich werde ich wirklich an meinem Konzept arbeiten - versprochen ist versprochen!




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