Diagnose: Leukodystrophie 9

Die Leukodystrophie 9 ist eine besondere Form der Leukodystrophie, die bereits im frühen Kindesalter auffällt. Allgemeine Informationen zu dieser Erbkrankheit hatte ich bereits hier zusammengefasst.

Durch einen bestimmten Defekt auf beiden DNA-Strängen des RARS-Gens fehlt den betroffenen Kindern eine Bindungsstelle für eine Aminosäure im Gehirn. So kann sich die Myelinschicht nicht richtig aufbauen. Weltweit gibt es nur sehr wenige Kinder mit diagnostizierter Leukodystrophie 9, so dass die Informationen zu dieser Form der Leukodystrophie sehr spärlich sind.


Nach derzeitigem Wissensstand gibt es in Deutschland drei Kinder mit diesem Gendefekt, es handelt sich um zwei Jungen und ein Mädchen, zwei Kinder sehen Sie auf dem Bild. Alle drei Kinder sind nach einer komplikationslosen und völlig unauffälligen Schwangerschaft um den errechneten Termin geboren. Direkt nach der Geburt gab es bei keinem der Kinder Auffälligkeiten, die auf eine Erkrankung hingewiesen hätten. Die drei Kinder waren sehr groß und hatten bei der Geburt einen relativ kleinen Kopf, jedoch noch im Rahmen des Normalen. Es wurde kein Mikrozephalus diagnostiziert.

Die ersten Symptome und Auffälligkeiten der Erkrankung traten in den ersten Wochen nach der Geburt auf. Der Kopfumfang nahm nicht ausreichend zu und die Fontanellen waren sehr schnell verschlossen. Während der ersten Monate haben die Kinder sehr viel geschrien, ohne dass irgendjemand eine Ursache hätte finden können. Diese Zeit empfanden die Eltern verständlicherweise als sehr anstrengend.

Bei zwei Kindern trat sehr schnell ein Nystagmus auf, also ein schnelles, unkontrolliertes Zucken bzw. Zittern der Augen. Bei allen drei Kindern kam es sehr rasch zu epileptischen Anfällen. Die Kinder sind stark hypoton und lernen nicht, ihren Kopf selbst zu halten. Je älter die Kinder werden, desto mehr nehmen die Symptome zu. Zwei der drei Kinder, die in Deutschland leben, wurde eine Lebenserwartung von unter einem Jahr prognostiziert. Dieses Alter konnten alle Kinder überschreiten. Zwei Kinder sind inzwischen zwei und vier Jahre alt, ein Junge ist leider bereits mit drei Jahren und drei Monaten verstorben.

Der Alltag der Kinder ist häufig geprägt von vielen epileptischen Anfällen. Die Entwicklung der Kinder ist extrem verzögert bzw. retrograd, also rückläufig. Fortschritte werden häufig nicht als Meilensteine wahrgenommen sondern eher als Zentimetersteine oder fallen gar nicht auf. Keines der Kinder ist in der Lage frei zu sitzen, auch stehen und laufen ist den Kindern nicht möglich. Augen und Ohren sind organisch normal entwickelt, es fehlt jedoch die korrekte Weiterverarbeitung durch das Gehirn.

Zu Beginn können die Kinder selbständig essen, diese Fähigkeit verliert sich jedoch rasch. Spätestens zum ersten Geburtstag hatten alle Kinder eine Magensonde, über die sie vollständig ernährt werden. Die epileptischen Anfälle der Kinder, die unterschiedlich ausfallen, prägen vornehmlich das Leben der Kinder und machen es ihnen mal mehr und mal weniger schwer. 

Zusätzlichen Sauerstoffbedarf haben die Kinder erfreulicherweise nur bei Infekten, nicht jedoch im normalen Alltag.

Im MRT zeigte sich bei einem Kind im Verlauf ein Abbau des Gehirns, bei den beiden anderen Kindern wurde das MRT lediglich zur Diagnosestellung durchgeführt.

Alle Kinder reagieren sehr gut auf äußere Reize wie Berührungen, Musik, Geräusche allgemein, Schaukeln und Lageveränderungen. Zum Beweis zeigen wir Ihnen unsere beiden Mäuse nochmal ganz entspannt in einer Schaukel. Nur Kinder können in solchen Positionen genießen glaube ich. Sind die zwei nicht zum Niederschmusen?

Wenn Sie mehr über die Leukodystrophie 9 wissen möchten oder Kontakt zu den betroffenen Eltern aufnehmen möchten, zögern Sie bitte nicht, sich an mich zu wenden. Die Eltern sind sehr aufgeschlossen und bereit, für Austausch zur Verfügung zu stehen, wenn dies gewünscht wird.

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