Neues Jahr, neuer Tube

Etwa alle vier bis sechs Monate ist der Wechsel des Gastrotubes fällig. Weil es grad so schön gepasst hat, haben wir ihn diesmal an den Beginn des Jahres gelegt. Den Gastrotube, genau wie einen Button, kann man bequem jederzeit zu Hause wechseln, wenn man gut angeleitet ist. Eine PEG kann nur mittels Gastroskopie angelegt und entfernt werden, eine GJ-Sonde ebenfalls nur unter Bildgebung. Wir mussten ein paar Mal üben, bevor es problemlos geklappt hat, aber inzwischen sind wir fast Profis und auf jeden Fall ein eingespieltes Team. Und so sieht es aus, wenn der Tube gewechselt wird:

Unsere Prinzessin hat einen Gastrotube CH 14. Diese Ziffer bezeichnet das Lumen, also den Durchlassdurchmesser des Schlauches. Die Länge des Tubes beträgt 16 cm und geblockt wird mit 5 ml Aqua - das alles sind wichtige Informationen für den Wechsel des Tubes. Man sollte sich tunlichst vor Beginn der Prozedur davon überzeugen, dass man wirklich die richtige Sonde zu Hause hat.

Üblicherweise nehmen wir den Wechsel an einem Tag vor, an dem wir keinen Nachtdienst haben. Wichtig ist, dass etwa drei Stunden vor dem Wechsel nichts mehr sondiert wird, da natürlich Nahrungsreste beim Wechsel aus dem Stoma austreten können, wenn der Magen gefüllt ist. Zusammen mit der im Magen befindlichen Magensäure könnte es sonst dadurch zu unangenehmen Reizungen der Haut kommen. Weil wir das vermeiden möchten, wechseln wir in der Früh, da ist es ganz einfach, mindestens drei Stunden vorher nichts zu sondieren.

Mein Part besteht in der Vorbereitung und im Anbringen des neuen Tubes, der Papa ist Meister im Entfernen des alten Tubes.
Zur Vorbereitung gehört es, das notwendige Equipment bereit zu legen. Das besteht aus dem neuen Tube, zwei 5 ml Spritzen, einer Ampulle Ampuwa, Heilwolle, einer Unterlage, einer Stoffwindel und einer 1 ml Spritze gefüllt mit Olivenöl. Desinfektionsmittel für die Hände ist selbstverständlich und ohnehin immer vor Ort. Dass auf ordentliche Handhygiene und -desinfektion im Laufe des Wechsels geachtet werden muss, erachte ich als selbstverständlich und werde es nicht ausdrücklich erwähnen.

Etwa eine halbe Stunde bevor wir den Tube wechseln möchten, beginnt der heiße Teil der Vorbereitung. Vorsichtig wird ein wenig Olivenöl an die Eintrittsstelle angebracht und der Tube wird mehrfach gedreht, ein wenig nach innen gedrückt und ein wenig herausgezogen, also ganz normal mobilisiert, wie man das täglich einmal machen sollte. Spätestens danach wird die Unterlage unter den Patienten gelegt, so dass nichts aufs Bettlaken kleckert. Nun werden 5 ml Aqua aus der Ampuwa-Ampulle mit einer der 5 ml Spritzen aufgezogen und am grünen Anschluss des neuen Tubes zum Blocken des Tubes, eingebracht.


Sinn dieser Übung ist die Überprüfung des Ballons, der sich am Ende des Tubes befindet.


Es soll angeblich sehr vereinzelt schon vorgekommen sein, dass der Ballon schon zu Beginn undicht war. Wir haben das noch nie erlebt, wir kontrollieren ihn aber dennoch. Also einfach das Aqua einbringen und kontrollieren, ob der Ballon sich öffnet und dicht hält. Danach unbedingt darauf achten, dass das gereinigte Wasser wieder komplett vollständig abgezogen wird, so dass das Ende des Tubes idealerweise wieder so aussieht wie hier oben auf dem Bild.

Nach etwa einer halben Stunde Einwirkzeit, geht es an den eigentlichen Wechsel. Wir hatten am Anfang artig das verordnete Gleitgel benutzt, das hatte aber leider nicht sehr viel Erfolg, weil es sich nicht im Stoma verteilt hat. Eine unserer Schwestern hatte mir daraufhin den Tipp mit dem Olivenöl gegeben und seitdem gibt es bei uns nichts anderes mehr. Olivenöl läuft genau dahin, wo es soll, nämlich IN das Stoma, es ist mild, kann keine Bauchschmerzen verursachen, weil es ein natürliches Produkt ist und pflegt obendrein noch die Haut.
Wir lösen also die Halteplatte, ziehen vom alten Tube das Aqua komplett aus dem Ballon, ölen vorsichtshalber nochmal gut mit Olivenöl und mobilisieren den Tube. Dann kommt der beherzte Griff meines Mannes und der Tube ist entfernt. Er hat den Dreh im Wortsinne inzwischen raus. Man muss nämlich als Rechtshänder den Tube in eben diese rechte Hand nehmen, mit der linken Hand, kann man ein wenig Gegendruck auf die Bauchdecke ausüben und dann wird mit einer beherzten Drehbewegung der Tube drehend nach oben weggezogen. Bitte nicht erschrecken, das verursacht so ein komisch saugendes Geräusch und es tritt ein wenig Öl und eventuell noch ein minimaler Magenrest mit aus. Das wird kurz abgewischt und dann kommt schon mein Part, nämlich flupp, den neuen Tube ins Stoma einsetzen. Heute hat die Prinzessin die Prozedur übrigens verschlafen und keinen einzigen Ton von sich gegeben. Diese Information für Sie nur damit Sie sehen, wie problemlos und schmerzfrei das gehen kann.

Sobald der neue Tube eingeführt ist, wird wieder geblockt mit 5 ml Aqua, die ja bereits vorbereitet in der Spritze auf ihren echten Einsatz warten und dann muss nur noch die Halteplatte an der richtigen Stelle angebracht werden. Dazu merkt man sich am besten beim alten Tube die Stelle, an der die Platte sitzt.


Bei uns ist es etwa bei 5,5 cm und bis dahin wird die Halteplatte geschoben.


Wer uns kennt, weiß, dass wir jetzt noch ein wenig Heilwolle anbringen und unter die Heilwolle gebe ich nach einem Wechsel üblicherweise ein wenig Ringelblumensalbe aus der Bahnhofapotheke in Kempten. Die hat Propolis und Wollwachs als weitere Bestandteile und sorgt dafür, dass es keine Reizungen gibt.

Jetzt wird nur noch aufgeräumt und der alte Tube entsorgt. Der sieht übrigens mit einer Pürierdiät auch nicht anders aus als mit Sondenkost. Und er hält genau so lang, nämlich wie gesagt vier bis sechs Monate.
Ich empfehle immer mindestens einen Ersatztube zu Hause zu haben. Wir hatten schon das Pech, dass der lila Nahrungsanschluss aus dem Schlauch gerutscht ist und nicht mehr fest angebracht werden konnte. Da mussten wir spontan wechseln. Wohl dem, der immer Vorrat hat.

Für die nächsten Monate sind wir nun aber hoffentlich wieder versorgt. Und das mit dem Olivenöl kann ich wirklich wärmstens empfehlen. Selbst die Gastroenterologin fand die Idee gut. Und so starten wir mit einem neuen, sauberen Tube ins Jahr 2020.

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