Begegnungen

Im Laufe des Lebens haben wir in den meisten Fällen viele Freunde und Bekannte. Wenn ein Paar ein Kind hat, ändert sich häufig der Freundeskreis. Singles oder kinderlose Paare können oft nicht mehr viel mit den Neu-Eltern anfangen und so hat man immer wieder Lebensabschnittsbegleiter. Mit einem besonderen Kind ist dieses Phänomen noch deutlicher als mit einem normalen Kind.

Der Freundeskreis schrumpft, was ganz normal und natürlich ist, denn mit einem besonderen Kind ist man nicht mehr sonderlich flexibel. Wir haben in den letzten Jahren mehr Verabredungen absagen müssen als wir einhalten konnten. Irgendwann wird man gar nicht mehr eingeladen. Verständlich. Dabei lernen wir wahrscheinlich mindestens so viele Menschen kennen als mit einem gesunden Kind. Schon allein die Anzahl an Therapeuten und Betreuern, Pflegekräften, ist stattlich. Nur neue Freundschaften oder intensive Bekanntschaften sind rar.

Allerdings habe ich festgestellt, dass wir häufig Menschen kennen lernen, die wir mit einem normalen Kind vermutlich nie getroffen hätten. Wer würde denn eine ganz normale Familie interviewen wollen, wer würde gerne eine Reportage machen über eine stinknormale Familie? Vermutlich niemand oder nicht viele. Wer würde die Meinung zu ganz speziellen Themen von einer x-beliebigen Familie hören wollen? So ein besonderes Menschlein wie unsere Tochter ist da wohl eher prädestiniert.

Interessante Begegnungen waren dabei in den letzten sieben Jahren mit ebenso interessanten Gesprächen. Und ich stelle fest, dass sehr häufig die Gespräche einen Tiefgang haben, den ich als Mama eines gesunden Kindes sicher so nicht erleben würde. Die Themen sind zum Teil existentiell und ich erfahre häufig sehr viel Privates von meinem Gegenüber. Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, auch bei schwierigen Themen die Fassung nicht zu verlieren und nicht nur einmal kam ich in eine Situation, in der mir ein Schauer über den Rücken lief, weil das, was ich gehört habe, so intim und so komplex war, dass ich vor Verblüffung erstmal gar nicht wusste wohin.

Unheimlich sympathische Gesprächspartner hatte ich in den letzten Jahren. Manche habe ich nur kurz getroffen, manche haben uns länger begleitet, allen gemeinsam ist, dass ich mich erinnere an die Gespräche, an das gemeinsame Schweigen, an die eine oder andere Träne die zeitgleich im Augenwinkel schimmerte. Unheimlich intensiv habe ich manches Gespräch empfunden und schätzen gelernt. Gespräche mit Tiefgang berühren mich immer und ich nehme deren Inhalt lange mit mir mit. Ich glaube schon, dass ich behaupten kann, dass ich durch meine kleine Sondenprinzessin in der glücklichen Lage bin, ganz besondere, herausragende Persönlichkeiten treffen zu dürfen, die alle eine Spur hinterlassen haben. Für diese Begegnungen bin ich sehr dankbar.




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