Die unerträglichen Kommentare zu einem Beitrag der WELT, die in der Bubble der pflegenden Eltern viral gingen, haben viele gelesen. Vom Pflegegeld würden wir reich werden, Urlaub sollten wir ohne die zu Pflegenden machen, nicht ständig jammern, außerdem wären wir selber schuld. Viele pflegende Eltern haben darauf reagiert und immer wieder das Argument bemüht, dass Zurückhaltung geboten wäre, schließlich wären nur etwa drei Prozent aller Behinderungen genetisch angeboren, der Rest würde im Laufe des Lebens erworben. Korrekt. Dennoch für mich ein Schlag in die Magengrube. Ich hab mich nicht mehr dazugehörig gefühlt. Denn was ist mit dem geringen Prozentsatz derer, die sich von diesen drei Prozent gar bewusst FÜR ihr Kind entscheiden, obwohl es eine pränatale Diagnose mit schlechter Prognose gibt? Trifft die Schuld? Ich gehöre zu dieser Minderheit und im Umkehrschluss bedeutet es ja, dass ich sehr wohl meine Klappe halten muss. Dass ich mich aus Kostengründen gegen mein Kind hätte entscheiden müssen in der 32. SSW. Wäre unsere Tochter nicht geboren, würde die Allgemeinheit nicht mit unnötigen Kosten belastet, denn als unnötig ist es ja sicher angesehen, wenn ich diese "Schuld" auf mich geladen habe. @icp_elterakademie hat zu genau dazu eine Story gemacht, für die ich sehr, sehr dankbar bin. Es geht nicht darum, aufzurechnen, nicht darum, zu rechtfertigen. Es hat nichts damit zu tun, dass unterirdische und menschenverachtende Kommentatoren eines Tages selbst betroffen sein könnten. „Selbst schuld“ war ein beliebtes Statement. Wirklich? Hab ich Schuld daran, in einer ableistischen Gesellschaft zu leben, in der nur gesunden, leistungsfähigen Menschen ein Leben zugebilligt und ein Wert des Lebens bescheinigt wird? Hab ich Schuld daran, dass Inklusion zwar groß auf dem Papier in unserem Land steht, in der Praxis aber nur lästig ist? Schuld, dass Menschen nicht willens sind, sich zu informieren? Meine Tochter hat ihre Behinderung nicht erworben. Ich hätte ihr Leben verhindern können. Dann hätte ich mich schuldig gefühlt. Mit meinem ethischen Empfinden war es nicht zu vereinbaren, ungeborenes Leben zu töten. Ich trage keine Schuld! (weiter im Kommentar)


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