Ein Tag im Schlaflabor

Neulich mussten wir zur jährlichen Kontrolle ins Schlaflabor mit unserer Prinzessin. Als ich ein Bild mit dem Gepäck für eine Nacht gepostet hatte, das aussah, als würden wir den Auszug aus Ägypten planen, habe ich viele Reaktionen bekommen. Von "viel Erfolg", "alles Gute", "ich drück die Daumen", "ruhige Nacht", "ich denk an Euch" bis hin zu "witzig", "viel Spaß", "erhol Dich gut" und "dann träum was Schönes". Auffallend war, dass die mitfühlenden Wünsche von Mamas kamen, die genau wussten, was uns bevorsteht und die eher heiteren Kommentare von Freunden und Bekannten, die natürlich nicht so genau wissen, was so eine Nacht im Schlaflabor eigentlich bedeutet. Woher auch? Und weil es mich offen gestanden ein wenig gestört hat, dass jemand denkt, das sei ein Spaß, habe ich beschlossen, diese Nacht im Schlaflabor einfach mal zu beschreiben. Vielleicht wird dann eher verständlich, dass unser Auszug aus Ägypten leider nicht besonders witzig ist. 



So eine Nacht im Schlaflabor beginnt schon Wochen, eigentlich Monate vorher mit der Planung der passenden Nacht. Da wir eine knappe Stunde fahren müssen, bis wir im Krankenhaus ankommen, versuchen wir traditionell so viele Termine wie möglich zu kombinieren. In diesem Jahr war das Entwicklungsgespräch beim Neurologen, ein Ultraschall und ein Termin mit der Physiotherapie zur Überprüfung des Cough Assist mit der eigentlichen Schlaflaborkontrolle zu verbinden. Im Laufe der Jahre habe ich dazu gelernt, so dass gewisse Abläufe wesentlich reibungsloser laufen als noch vor ein paar Jahren. Beispielsweise macht es Sinn, dem Team des Schlaflabors eine Mail zu schicken, mit dem ungefähren Zeitraum, in dem bei uns der Termin möglich ist und gleichzeitig mitzuteilen, was noch koordiniert werden sollte. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass das Team einen Überblick hat, wenn sich einer der Termine verschiebt und versuchen kann, Einfluss auf den Gesamtablauf zu nehmen. Wir hatten also vor vielen Wochen einen Termin gefunden: Start sollte an einem Mittwoch um 15 Uhr sein mit dem Gespräch beim Neurologen. Von dort Einchecken im Schlaflabor, am nächsten Tag Ultraschall und Physio. Soweit der Plan.

Bewährt hat sich außerdem, dass ich etwa eine Woche vorher den aktuellen Medikamentenplan übersende, um herauszufinden, welche Medikamente wir selbst mitbringen müssen und ob die passenden Spritzen zum Sondieren vorrätig sind. Praktisch ist die Tatsache, dass wir die zuständige Physiotherapeutin schon so lange und gut kennen, dass ich sie selber schnell anfunken kann, ob der Termin bei ihr wirklich angekommen ist. Selbstverständlich muss auch der Pflegedienst rechtzeitig verständigt werden, weil das eine Änderung im Dienstplan bedeutet.

In diesem Jahr hatten wir Glück: Eine unserer erfahrenen Pflegeschwestern konnte unsere Motte bis Mittag in die Schule begleiten, dafür sorgen, dass sie wirklich pünktlich um eins ausnahmsweise fertig sind. Die Physiotherapeutin hatte uns auf dem Schirm und wir mussten kaum Medikamente selbst mitbringen. Fünf weitere Telefonate später wurde uns der Termin zum Ultraschall mehrfach umgeplant und ein zusätzlicher PCR-Test anberaumt, der Start verschob sich damit vor auf halb drei. Kein Problem, wir hatten Zeitpuffer eingeplant. Lief!

Den Vormittag hatte ich genutzt, um zu packen. Wechselwäsche, Nachtwäsche und Waschzeug für mich, vorsichtshalber in doppelter Ausführung für die Prinzessin (für den Fall, dass es einen Windelunfall gibt) ist selbstverständlich. Medikamentenplan in zweifacher Ausfertigung vorsichtshalber (war gut so!), Smoothiemaker, Zutaten für Frühstück und Zwischenmahlzeiten vorsichtshalber (war gut so!), Lagerungskissen, schwere Decke, Spieluhr und Plüschfreunde. Außerdem musste der Cough Assist mit, weil die Einstellungen überprüft werden mussten, der Monitor zum Auslesen und Windeln darf ich auch nicht vergessen. Die Inkontinenzversorgung, die vom Krankenhaus zur Verfügung gestellt werden kann, passt leider nicht, da läuft das Kind aus.

Papa hat das Töchterchen mit der Pflegeschwester von der Schule abgeholt, in der Zwischenzeit hab ich das ganze Gepäck und den Buggy ins andere Auto verstaut. Nach einer kurzen Übergabe mit der Pflegeschwester und dem zusätzlichen Einpacken von Wickelrucksack und Absauger, wurde das Kind umgepackt und los ging es. Wir waren sogar pünktlich am Ziel.

Halb drei und los ging der Marathon: Aufnahme für den PCR-Test, PCR-Test, weiter in die Ambulanz zum Ultraschall und EKG. Da fing es mit der Verspätung schon an und die Tatsache, dass die Termine global vereinbart waren, hat sich an der Stelle schon bewährt. Das SPZ wusste, dass wir da sind und hat entsprechend umgeplant. Weiter ins SPZ, Aufnahme, Zwischenmahlzeit sondieren, Windelwechsel unter erschwerten Bedingungen (nein, auch in einem SPZ gibt es keine Toiletten mit Wickelliege für die großen Kinder!), weiter zum Neurologen, weitersondieren, rüber ins Krankenhaus, Aufnahme fürs Schlaflabor, die nur fünf Formulare brauchte, PCR war negativ. 

Während der Papa mit der Maus ins Zimmer fuhr und den nächsten Windelwechsel vorbereitet hatte, habe ich ausgeladen. Zwei Gänge zwischen Parkplatz und fünftem Stock waren notwendig, dann hatten wir alles da. Wiegen, messen, Aufnahmegespräch mit dem Arzt und schon war es halb sechs. Der Papa fuhr heim und bei uns ging es nahtlos weiter: Inhalieren, husten, Essen pürieren, sondieren, selber essen, Medis sondieren, spülen, waschen, umziehen und dann kam der eigentliche Teil, es war inzwischen halb acht und durchschnaufen war bis dahin immer noch nicht drin.

Die Personalknappheit ist inzwischen überall spürbar. Auch in unserem Krankenhaus. Während früher zwei Schwestern das Verkabeln unseres etwas schwierigen Kindes übernommen hatten, musste jetzt eine Pflegekraft mit unserer Maus kämpfen. Beide waren allerdings extrem tapfer und so lief es glatt und das Kind war nach etwa 45 Minuten schon verkabelt. 



Nur leider heißt verkabelt nicht automatisch schlafend. Sie hat brav gezeigt, was wir erwartet hatten: Anfälle beim Einschlafen, Anfälle beim Aufwachen - nicht dramatisch, grade so, dass man es sehen konnte. Wir haben versucht, sie umzulagern, die Windel nochmal zu wechseln, ich hab durch das Bettgitter die Hand gehalten, mit Raumspray gearbeitet, aber es half nichts. Die Inhalation um Mitternacht hat so viel Sekret gelöst, dass der Rachen voll war. Durch den Verband am Kinn war an Schlucken nicht zu denken. Leider. Also Sauerstoff rauf drehen und durch Lagewechsel versuchen, das Sekret aus dem Mund laufen zu lassen. Gegen zwei Uhr kam die arme Maus endlich zur Ruhe.

Um sechs war meine Nacht rum, ich musste mich fertig machen, denn Frühmedis, inhalieren, Frühstück, die nächsten Medis standen auf dem Plan und entkabeln mussten wir die Motte zwischendurch ja auch noch. Auch in der Frühschicht war ein lieber Pfleger, der uns schon kennt und ganz vorsichtig die Kabel wieder gelöst hat, die Maus war kooperativ, vermutlich hat der Männerbonus bei unserem vorpubertären Mädel geholfen, lief gut. 

Für den Batz im Haar war ich ganz clever. Dachte ich jedenfalls. Mit einem hochwertigen Haaröl hab ich den ganzen Kopf eingelassen und gewartet, bis es wirken konnte. Dann ging es ab in die Dusche, die wir freundlicherweise nutzen durften. Kleines Manko: Wasser war kalt. SEHR kalt und die Duschliege sehr niedrig. Nein, es war kein Spaß, mit zwei Bandscheibenvorfällen, die Duschliege zwischen den Beinen festgeklemmt, mein Kind mit kaltem Wasser duschen zu müssen. Verständlicherweise hat sie ihrem Unmut ausgesprochen lautstark Ausdruck verliehen und offen gestanden geht Öl, das man versucht, mit viel Shampoo aus den Haaren zu waschen, mit kaltem Wasser nicht besonders gut wieder raus. Schade. Mir war am Ende des Desasters SEHR warm!

Wir haben es überstanden, haben wieder gepackt, den Termin mit der Physiotherapeutin gut gemeistert, Zwischenmahlzeit sondiert und für die Fahrt gerichtet, als der Papa schon in der Tür stand. Einladen, nach Hause fahren ging in einem Rutsch. Kaum zu Hause wurde der Befund telefonisch besprochen und das übliche Programm aus inhalieren, Medis, Mittagessen für alle ging weiter. Dann auspacken, Wäsche waschen und um etwa vier am Nachmittag gab es für alle eine kurze Verschnaufpause, während die Zwischenmahlzeit sondiert wurde.

Erholt hab ich mich leider nicht, ich hab mir irgendwo in dem Prozedere eine Lebensmittelvergiftung eingefangen. Gut geschlafen hab ich ab etwa zwei Uhr, leider nicht sehr durchgehend bis sechs. Witzig fand ich das gar nicht, eher erschöpfend. Über die gedrückten Daumen und guten Wünsche hab ich mich sehr gefreut. Denn am Ende des Tages blieb die Erkenntnis, dass vorerst alles bleiben kann wie bislang. Darauf hatten wir gehofft und vermutlich hat sich für diese Erkenntnis auch das kleine bisschen Aufwand gelohnt. Und falls mal jemand tauschen möchte: In etwa einem Jahr findet die nächste Kontrolle statt.

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