Wie war der Urlaub?

Gute Frage - wie war er, mein Urlaub? Ich hatte ja ganze drei Wochen. Das klingt richtig viel, ich weiß. Heute war mein erster Bürotag und ich war fast ein wenig frustriert, weil ich ohne zu überlegen mein Passwort eingetippt habe, selbst meine neue Pin für die Anmeldung im internen Netz wusste, beim Nutzernamen und Kennwort für die Zeiterfassung nicht überlegen musste und sogar nach kurzer Überlegung das sich gefühlt ständig zu erneuernde Passwort des Buchungsprogramms wusste. Uff! Das klingt nicht so, als wäre ich gedanklich sehr weit weg gewesen.



Früher hatte sich nach drei Wochen eine wohlige Entspannung eingestellt, die auch im Grunde eine ganze Weile anhielt. Früher waren drei Wochen Urlaub auch im Wesentlichen drei Wochen Urlaub. Und jetzt? Von zehn Tagen, die wir im Hospiz verbringen durften, fallen An- und Abreise schon mal weg. Das hat so wenig mit Urlaub zu tun, dass nicht mal die Pflegekasse für diese beiden Tage das Pflegegeld kürzt oder gar streicht. Im Gegensatz zu den anderen acht Tagen. Ist freilich selbstverständlich, denn wir geben ja in der Zeit die Pflege im Wesentlichen völlig ab. Finanziell ist das allerdings kein großer Spaß. Vor allem nicht, wenn einer der Urlauber komplett Selbstständig ist.

Nein, wir haben keine Ausflüge unternommen. Wir saßen im Garten, haben uns die Sonne auf den Pelz brennen lassen, haben Kaffee getrunken, Kuchen gegessen, gelesen, gehäkelt, blöd geschaut und sind spazieren gegangen. Wir waren im Schwimmbad, mit und ohne Kind, ich konnte meine Tage sportlich beginnen und ich durfte ab und an einfach nur mal Mama sein und die lästige Teile des Tages outsourcen. Ja, das hat gut getan. Es war ganz wundervoll zu sehen, wie sehr unsere Prinzessin das Wasser genießt, wie dankbar sie das Musizieren wahrnimmt, wie stolz sie näht und malt, wie frech sie auslotet, wie weit sie mit den einzelnen Pflegekräften gehen kann. Es war schön. Es war notwendig und es hat gut getan. Aber erholt - nein, ich gestehe, so richtig erholt, so wie früher fühle ich mich immer noch nicht.

Eigentlich ist das kein Wunder. Von den drei Wochen war die erste Woche geprägt von Dingen, die dringend noch erledigt werden müssen, der Schreiner, die Kinderärztin, Apotheke, Versicherung und dann die Packerei. Die letzte Woche wiederum war geprägt von Aufräumen, Wäsche waschen - ja, es ist erstaunlich, wie viel Wäsche sich ansammelt, wenn man für drei Personen zehn Tage abdecken soll - ein wenig putzen, Bürokram erledigen, die letzten Schreinerarbeiten und dann sollte ich mich noch schonen, weil eine Impfung kein Pappenstiel ist.

Und jetzt ist er wieder vorbei, der Urlaub und es fühlt sich an, als wäre es ewig her. Dieses Gefühl, nahtlos dorthin versetzt zu werden, wo man vorher war, können vermutlich nur Eltern nachvollziehen, die in einer ähnlichen Situation sind. Ich bin ein wenig frustriert, dass die Erholung nicht so nachhaltig ist, wie ich erhofft hatte. Es war genug, dass ich überzeugt bin, jetzt geht es wieder eine Weile, aber es war nicht genug, um davon zehren zu können.

Die zweite Woche hier in der Heimat und unsere Motte kann wieder keine ganze Woche in die Schule gehen. Vermutlich sind wir doch sehr gut erholt, denn die Tatsache, dass wir in beiden Wochen jeweils einen Tag allein abdecken müssen, löst nur noch kurzen Frust aus, keine Verzweiflung, keinen Ärger. Es ist nicht sonderlich witzig, wenn man Geld verdienen soll und jeder Plan immer wieder durchkreuzt wird, aber es macht mir kaum noch etwas aus. Meine Erschöpfung hat ein Level angenommen, in dem sie zum Grundrauschen gehört. Resignation, Routine, letztlich mit Sicherheit ein Zeichen von Resilienz bestimmen meine Gefühlswelt. Die Vorstellung, dass ich im Urlaub überhaupt nicht auf die Uhr geschaut habe, einfach gemacht habe, was ich wollte, ohne jemandem Bescheid zu geben, wohin ich gehe und wann ich in etwa wieder komme, erscheint mir wie aus einer fernen Galaxie. Und doch ist das grade mal einige Jahre her, dass ich solche Momente erlebt habe.

Jetzt büße ich Urlaub auch immer ein wenig. In der Zeit geht ja nix voran. Keine Anträge, keine Widersprüche, keine Terminvereinbarungen, keine Recherchen. Der Haushalt sieht grusig aus und Wäsche - ach das Level der Wäsche ist so unbeschreiblich. Es ist wie es ist. Also bleiben die Anträge noch etwas länger liegen, den Widersprüchen geht es auch noch gut, die Bude schaut noch länger aus wie Seuche, denn zerteilen kann ich mich ja nicht. Ich konzentriere mich darauf, das zu tun, was mir Freude macht, ein krampfhafter Versuch, die wenige Erholung noch irgendwie rüber zu retten. Das Bewusstsein, dass es da draußen viele Eltern, vor allem Mütter gibt, die genau wissen, was ich meine, hilft mir, diesen Urlaub als solchen zu schätzen. Und wenn jemand fragt, wie er war, der Urlaub, sag ich "gut, hat gut getan" und das hat er auch, nur anders als bei anderen. 

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