Es ist wie es ist - Resilienz auf der Achterbahn?

Aufmerksame Leser dieses Blogs wissen, wenn es längere Zeit relativ ruhig ist, stimmt irgendetwas nicht. Es stimmt, es ist grad komisch. Es ist nichts Schlimmes, ich muss mich nur ein wenig sortieren. Die letzten Wochen waren doch sehr schwierig, aber auch interessant, von Höhen und Tiefen geprägt, ein wenig wie diese Achterbahn, tatsächlich auch recht bunt.


Ich bin unsortiert und vielleicht muss ich es einfach mal aufschreiben und in die Welt hinausschreien, damit ich Ordnung in meine Gefühlswelt bekomme und wieder organisiert weiter machen kann.

In erster Linie werde ich dann nervös, wenn unsere Prinzessin gesundheitliche Probleme hat. Die hat sie leider immer öfter und leider wird es auch oft gleich jedes Mal ein wenig dramatisch. Das geht jetzt schon seit letztem Jahr so und das vergangene Jahr war in jeglicher Hinsicht wahrscheinlich das schwierigste Jahr, das wir mit unserer Motte hatten. Es ging mir nicht gut dabei, um ganz ehrlich zu sein es ging mir schlecht, richtig schlecht. So schlecht, dass ich an manchen Tagen wirklich nicht wusste, wie es weiter gehen soll. Das hat sich nicht sehr gut angefühlt und obwohl ich nicht der Mensch bin, der Neujahrsvorsätze fasst - diesmal hab ich eine Ausnahme gemacht und mir doch etwas vorgenommen. Niemals wieder möchte ich an dem Punkt sein, dass ich so völlig verzweifelt bin, ich muss etwas ändern und zwar schnell und nachhaltig. An meiner Umgebung kann ich nicht drehen, also muss ich mich ändern. Meine Einstellung, mein Leben. Gar nicht so einfach, wenn man Mutter eines besonderen Kindes ist, in Teilzeit arbeitet, einen freiberuflich rund um die Uhr arbeitenden Mann hat und einen Haushalt versorgen muss. Aber es MUSS gehen, so viel stand fest.

Meine Bewegung ist mein oberstes Ziel. Die muss mehr werden. Ich brauche Sport und zwar regelmäßig. Die Zeit dafür geht natürlich auf Kosten des Haushalts und Mann und Kind müssen in der Zeit alleine klar kommen, aber das können die. Richtig gut sogar, vor allem, wenn sie müssen und sie müssen jetzt. Ich brauche Ausgleich. Dringend. Ausgleich zu den täglichen Katastrophen und da hatten wir in den letzten Wochen richtig viele. Keine lebensbedrohlichen Katastrophen, eher kleinere, aber die Fülle macht das Gift.

Krankheiten, Kündigung eines Pflegedienstes, Änderung einer Therapie der Prinzessin, Anträge, schon wieder ein schmerzlicher Verlust in unserer Miller-Dieker-Familie, Winter - wer mich kennt, weiß, dass "Winter" allein schon eine Katastrophe bedeutet und der ganze nervige Kleinkram, der so rundrum dazu kam. Nein, es war nicht schön, aber ich bin entschlossen, nicht mehr zu verzweifeln. Aber wie erreicht man das? Mir war klar, wir brauchen Normalität. So viel Normalität wie möglich, also müssen gesundheitliche Krisen der jungen Dame mal anders bewältigt werden. Daheim. Ohne Krankenhaus. Wir haben zum Glück ein wunderbares Ärzteteam, von dem wir bestens unterstützt werden und so haben wir das Palliativteam mit ins Boot geholt. Das fühlt sich ein wenig komisch an, aber vor allem ist es ausgesprochen tröstlich. So lange wie möglich daheim bleiben hilft der Prinzessin offenbar schneller zu genesen. Ihr letzten Krisen hat sie jedenfalls im Turbotempo hinter sich gebracht. Ich staune immer wieder über ihren starken Willen.

Was den Rest angeht, bin ich ausgesprochen ruhig geblieben. Also für meine Verhältnisse. Ich habe nicht geweint, was mich ein wenig stolz gemacht hat, ich habe nicht gebrüllt, was mich sehr freut, weil es sehr energiesparend ist, ich hab alle schlechten Nachrichten eher stoisch aufgenommen. Bin ich einfach abgestumpft oder ist da ein Zeichen großartiger Resilienz? Offen gestanden habe ich keinen blassen Dunst, aber das ist mir auch egal. Ich brauche Ruhe und Normalität, weitestgehend wenigstens.

Vielleicht half es auch, dass es nicht nur blöde Sachen auf dem Weg zu bewältigen gab, sondern durchaus auch Positives. Das Prinzesschen ist sehr aufmerksam, wenn es ihm gut geht und überrascht mit adäquaten Reaktionen und Sozialkompetenz. Neue, wirklich nette und wertvolle Kontakte haben sich ergeben und ich darf wieder mal dabei helfen, ein Sondenkind auf Normalkost umzustellen. Spannend ist das und so schön!

Ich zehre von positiven Begegnungen, guten Gesprächen, wertvollen Worten, schönen Begebenheiten. Ich genieße es zu lesen, freue mich an der Natur, die langsam grüner wird und schätze meine Bewegung sehr. Es macht mir Freude, Schönes zu erleben. Die weniger schönen Momente nehme ich stoisch hin. Es regt mich auf, ich möchte nicht behaupten, dass es mir nichts ausmacht, aber ich verzweifle nicht. Was ist das nun? Die wunderbare Fähigkeit zu Resilienz? Oder ist es einfach Resignation?

Ganz sicher bin ich nicht, ob es wichtig ist, die richtige Definition für diesen Seelenzustand zu finden. Wichtig ist vielleicht einfach, dass es so ist wie es ist. Diese Erkenntnis hat mich in der Tat sehr weit gebracht. Es ist wie es ist und nicht alles kann ich verändern. Nicht immer ist das gut zu wissen, denn es gab durchaus menschliche Enttäuschungen, auf die ich gut und gerne verzichtet hätte, aber es nutzt ja nix, es ist halt wie es ist.

Ein ganz klein wenig macht mich diese Erkenntnis ruhiger. Das ist nicht nur für mich gut und wichtig, sondern auch für unsere Prinzessin. Wir beide spiegeln uns. Ganz gewaltig sogar. Und so ist es wichtig, wenn eine außer sich ist, dass die andere ruhig ist und funktioniert. Dass das klappt, verblüfft mich oft, aber es fühlt sich gut an. So lässt sich gemeinsam die bunte Achterbahn des Lebens gut aushalten.

Ich bin gespannt, ob ich meine Vorsätze tatsächlich übers Jahr bringe. Noch bin ich zuversichtlich, aber das Jahr ist noch jung. Am Ende werde ich ja sehen, was draus wurde. Für heute hoffe ich, dass die Formulierung meiner konfusen Gefühlswelt mir hilft, wieder klare Gedanken zu fassen und die Ideen, die schon lange in mir gären, endlich ans Tageslicht zu bringen. An eins möchte ich mich immer erinnern: Es ist wie es ist!

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